KI und Deepfakes: Treiber einer neuen Aufklärung
Künstliche Intelligenz (KI) leitet uns an, die Welt mit einem kritischen Blick zu betrachten und könnte den Beginn einer digitalen Aufklärung markieren – eine Chance für die menschliche Zivilisation.
Im letzten Jahr hat die Begeisterung für Technologien wie Chat-GPT einen Wendepunkt erreicht, wobei die breite Öffentlichkeit erkannt hat, dass sich etwas Grundlegendes zum Positiven verändert. KI, Deepfakes und Deep Learning sind längst keine unbekannten Begriffe mehr. Unter Rückgriff auf den Philosophen Walter Benjamin wird hier die positive Rolle beleuchtet, die KI und Deepfakes in der Medienphilosophie spielen können.
Walter Benjamin diskutierte in seinem Essay „Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ die Auswirkungen der Massenproduktion auf die Kunst. Er argumentierte, dass die Reproduzierbarkeit die „Aura“ eines Kunstwerks entfernt, wodurch es für kritische Betrachtung und Reflexion zugänglich wird. Diese Entauratisierung ermöglicht eine neue Art der Kunstbetrachtung, bei der Werke nicht länger nur wegen ihrer Einzigartigkeit geschätzt werden, sondern auch für die Diskussionen, die sie anregen.
Die Musikindustrie, besonders im Bereich des Hip-Hop, illustriert, wie technologischer Fortschritt und die Möglichkeit zur Vervielfältigung die Kunst transformieren. Sampling, Remixing und Rekontextualisierung sind Techniken, die das Original in Frage stellen und eine neue Ebene der künstlerischen Reflexion ermöglichen.
In ähnlicher Weise fordern Deepfakes uns heraus, die Authentizität von Medieninhalten zu hinterfragen. Sie zwingen uns, genauer hinzusehen und nicht blindlings zu konsumieren, was uns präsentiert wird. Indem sie die Möglichkeit der Fälschung aufzeigen, schärfen sie unser Bewusstsein für die Realität und unsere Medienlandschaft.
Deepfakes repräsentieren somit nicht nur eine technische Herausforderung, sondern auch eine zivilisatorische Chance. Sie fordern uns auf, kritischer mit Informationen umzugehen und fördern dadurch eine mündige Auseinandersetzung mit unserer Umwelt.
Die Entwicklung der KI im 21. Jahrhundert, vergleichbar mit der Entdeckung des Feuers in der Steinzeit, ist ein fester Bestandteil unserer Zivilisation geworden. Entgegen einem verbitterten Kulturpessimismus bietet die Auseinandersetzung mit KI und digitalen Technologien die Möglichkeit, durch dialektische Prozesse Fortschritte in der Zivilisationsgeschichte zu erzielen.
Norbert Bolz bringt es auf den Punkt: Je fortschrittlicher KI wird, desto wichtiger ist der gesunde Menschenverstand. In einer Zeit, in der KI zunehmend unseren Alltag durchdringt, ist es entscheidend, diese Technologien als Anstoß zur Entwicklung unseres kritischen Denkens zu begreifen.
KI und Deepfakes könnten somit als Katalysatoren einer neuen Form der Aufklärung dienen, in der technologischer Fortschritt und kritische Reflexion Hand in Hand gehen, um unsere Gesellschaft voranzubringen.